Und immer wieder fragst du dich, wofür du eigentlich noch lebst. Ich meine, du drehst morgens das Radio lauter und hörst von Einsturz, Mord, Waldbrand. Nicht aber von den guten Dingen. Du versuchst zu lächeln, aber war ja klar, dass jeder nur versucht dich auszuspielen. Jeder denkt nur an sich, du merkst erst ganz zum Schluss, dass du nur ausgenutzt wurdest. Du musst dich durchboxen, deinen eigenen Weg finden, irgendwie alles aufrecht erhalten. Du musst lernen dich zu verstecken, alle Scherben zusammenzukehren und die anderen glücklich machen. Du lernst zu lügen, spielst deine Rolle perfekt. Jeder spielt doch nur seine Rolle in diesem Theaterstück, das sich das Leben nennt. Jeder versteckt sich hinter seiner Maske, hinter der Fassade. Du kämpfst darum, dass dein Kartenhaus nicht einstürzt. Und dann kommt der Schlag. Jemand zieht dir die unterste Karte weg und alles fällt zusammen. Du wirst zu Boden gedrückt, bist zu schwach um wieder aufzustehen, musst liegen bleiben. Wenn die Tränen lautlos fallen, willst du einfach nur noch wegrennen, fliehen vor diesem verdammten Leben. Musst du denn immer wieder an deine Grenzen gehen, um zu spüren, dass du noch da bist? Und dann beginnst du, dich selbst zu bestrafen. Wo ist deine Disziplin, wo ist die Kontrolle? Du versuchst, alles rückgängig zu machen, aber dafür ist es zu spät. Und das weißt du. In dir wächst der Druck und mit dem Druck auch die Angst. Du weißt nicht mehr weiter, du tust es immer wieder und hasst dich dafür.
Warum?, fragst du. Du fragst und bekommst keine Antwort. Du suchst und findest nichts. Du atmest und spürst nichts. Aber du lebst, verdammt, du lebst. Keiner traut sich durch die Tür zu gehen, auch du selbst wagst diesen einen Schritt nicht. Irgendwann gibt es nur noch die Narben, sie verblassen nicht, sie zeigen dir immer wieder, wie schwach du bist. Du hasst dich selbst, du kannst aber nicht fliehen. Du willst den Augenblick festhalten, aber jemand nimmt dir das, woran du dich klammerst. Du hast das Gefühl zu fallen, niemand fängt dich auf. Und nun ist es gebrochen, es dauert unendlich lange, bis es wieder verheilt ist, aber ganz wird es nie mehr werden. Du läufst gegen die Zeit, die Uhr tickt immer weiter. Du kannst an nichts anderes mehr denken, bist gefangen in dir selbst. Du musst loslassen und die Augen aufmachen, aber sie bleiben geschlossen. Und wer ist da und nimmt deine Hand?
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